Art. 6 Grundgesetz und das Vaterschaftsanfechtungsrecht des leiblichen Vaters des Kindes
Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) legt nicht im Detail fest, wer als Eltern im Sinne des Elterngrundrechts gilt oder welche Handlungsmöglichkeiten den Eltern zur Verfügung stehen, um ihre Verantwortung wahrzunehmen. Diese Festlegungen obliegen dem Gesetzgeber, der bei der Ausgestaltung des Elternrechts die strukturellen Merkmale des Grundgesetzes beachten muss. Der Gesetzgeber kann festlegen, wer rechtlich als Elternteil gilt und wer die Elternverantwortung innehat. Unabhängig davon gelten die leiblichen Eltern eines Kindes stets als Eltern im Sinne des Grundgesetzes.
Eltern im Sinne des Grundgesetzes müssen grundsätzlich die Möglichkeit haben, ihre Elternverantwortung wahrzunehmen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Elternverantwortung auf zwei Personen beschränkt sein muss; auch mehrere Personen wie Mutter, leiblicher Vater und rechtlicher Vater können Träger des Elterngrundrechts sein. Allerdings begrenzt das Kindeswohl die Anzahl der Elternteile.
Falls der Gesetzgeber eine rechtliche Elternschaft von drei Personen zulässt, ist er nicht verpflichtet, diesen Personen gleiche Rechte gegenüber dem Kind einzuräumen, sondern kann unterschiedliche Rechte festlegen. Das Grundgesetz garantiert zudem einem leiblichen Vater die Möglichkeit, auch rechtlicher Vater zu werden. Falls das Fachrecht eine rechtliche Vaterschaft von mehr als einem Vater ausschließt, muss dem leiblichen Vater ein wirksames Verfahren zur Erlangung der rechtlichen Vaterschaft zur Verfügung stehen. Dieses Verfahren muss Aspekte wie die soziale Bindung zum Kind und das Bemühen um die rechtliche Vaterschaft berücksichtigen. Wird dies nicht gewährleistet, wird dem Elterngrundrecht des leiblichen Vaters nicht ausreichend Rechnung getragen.
Bundesverfassungsgericht, Az. BvR 2017/21, Urteil vom 09.04.2024, eingestellt am 15.08.2024