Zur Frage der Berücksichtigung des Kindeswillens bei einem Umgangsausschluss
Nach § 1684 BGB hat das Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen und jeder Elternteil hat sowohl das Recht als auch die Pflicht auf Umgang. Anders als bei den Eltern hat das Kind keine Umgangspflicht.

Der Umgang der Eltern mit dem Kind und des Kindes mit den Eltern dient der Aufrechterhaltung der verwandtschaftlichen Beziehungen, dass sich die Eltern darüber informieren und überzeugen können, dass sich das Kind entwickelt. Der Umgang soll einer Entfremdung der Eltern zum Kind vorbeugen und dem gegenseitigen Bedürfnis auf Kontakt Rechnung tragen. Es obliegt den Eltern, in erster Linie den Umgang auszugestalten. Gelingt ihnen dieses nicht, hat der Umgang durch eine gerichtliche Regelung zu erfolgen. Der Umgang des Kindes mit einem Elternteil kann jedoch auch ausgeschlossen werden, wenn eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Da das Umgangsrecht auch gemäß Art. 6 GG v erfassungsrechtlich geschützt ist, sind bei einem Umgangsausschluss strenge Maßstäbe anzulegen und es stellt sich immer die Frage, ob es ein milderes Mittel im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gibt. So sind begleitete Umgänge ein milderes Mittel als ein vollständiger Umgangsausschluss. Bei der Fragestellung zum Umgangsausschluss sind aber auch der Kindeswille zu berücksichtigen und das Kindeswohl. Es kann Fallgestaltungen geben, wonach der Umgangsausschluss dem Kindeswohl dient und auch gleichzeitig seinen Ausdruck im geäußerten Kindeswillen findet.

Vor dem Oberlandesgericht in Bremen ging es in einer Fallgestaltung genau um diese Fragestellung. Das Kind war 13 Jahre alt und hat geäußert, dass es keinen Umgang mit dem Vater wünscht. Das Gericht hat es in dem Fall als erwiesen angesehen, dass der möglicherweise auch beeinflusste Wille des Kindes autonom gebildet ist und seinen Ausdruck darin findet, dass er mit dem Umgangsausschluss die eigene Möglichkeit findet, sich dem elterlichen Konflikt zu entziehen, der sich über mehrere Jahre bereits aufgebaut hat und in dem es um den Umgang ging. Aus diesem Grund wurde der Umgang für den Vater für die Dauer eines Jahres ausgeschlossen.
OLG Bremen, Az. 4 UF 53/21, eingestellt am 31.10.2022