Die Beschleunigungsrüge in familienrechtlichen Verfahren
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 4.3.2020 entschieden, dass bei der Prüfung der Beschleunigungsrüge die gesamte Zeit der Anhängigkeit des Gerichtsverfahrens in die Prüfung einbezogen werden muss, da die Gesamtdauer eines Gerichtsverfahrens dafür maßgeblich sein kann, wie beschleunigt ein Beschwerdeverfahren zu führen ist. Im konkreten Fall hat der Antragsteller eine Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts (Familiengericht Baden-Baden) eingelegt. In dem Beschluss hat das Amtsgericht eine Regelung zum Umgang des Antragstellers mit seinem Sohn getroffen. Der Beschluss des Familiengerichts Baden-Baden war vom 10.1.2019. Ende Januar 2019 ist die Kindesmutter mit dem Kind in eine andere Stadt umgezogen. Das Oberlandesgericht hatte die Beschleunigungsrüge des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller eine Beschleunigungsbeschwerde eingelegt. Der Antragsteller trägt vor, es würde bereits seit August 2017 eine Umgangsregelung geben, die nicht dem Kindeswohl entspreche und die Umsetzung der Empfehlungen des Gutachtens (November 2018,) dass mehr Übernachtungen erfolgen sollen, wurde nicht nachgekommen.

Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass es keine generelle Festlegung gibt, ab wann ein Verfahren nicht beschleunigt durchgeführt wurde. Das Beschwerdegericht habe vielmehr unter Einbeziehung des Kindeswohls zu prüfen, ob die Dauer des bisherigen Gerichtsverfahrens den Grundsätzen des Vorrangs- und des Beschleunigungsgebotes entspreche und ob das Ausgangsgericht die notwendigen verfahrensfördernden Maßnahmen getroffen habe. Denn der Zweck der Beschleunigungsbeschwerde sei nicht die abstrakte Feststellung eines Verstoßes, sondern die Beschleunigung des Verfahrens. Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass die Verfahrensdauer von 15 Monaten und die am Kindeswohl orientierte Weise der Sachverhaltsaufklärung ausreichend gefördert wurde. Auch seien verfahrensleitende Maßnahmen zeitnah getroffen worden.
OLG Karlsruhe, Beschluss Az. 10 WF 20/20 vom 04.03.2020, eingestellt am 15.06.2020