Für die Bestellung des Ergänzungsbetreuers bedarf es einer konkreten und zu erwartenden Verhinderung des gegenwärtigen Betreuers
Im Rahmen eines sogenannten Behindertentestaments hatte der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob der für die Vermögenssorge eingesetzte Betreuer der behinderten Tochter der Erblasser eines Ergänzungsbetreuers bedarf. Im vorliegenden Fall hatten die Eltern der behinderten Tochter ein Testament erstellt, das der Tochter ein Mehr als den Pflichtteil zuspricht, das ererbte Vermögen der Tochter dann jedoch unter die Vermögensverwaltung des Betreuers stellt. In der Konstellation, dass ein Kind behindert ist, regeln die Eltern oft, dass im Rahmen eines sogenannten Behindertentestaments dem Sozialleistungsträger der Zugriff auf das Vermögen der Tochter durch eine solche Gestaltung nicht möglich ist oder ein solcher Zugriff verhindert wird.

Im vorliegenden Fall wurde neben dem Pflichtteilsanspruch der Tochter ein Wohnrecht eingeräumt, hier war strittig, ob dies erst mit dem Tod des letztversterbenden Elternteils geschehen sollte oder nicht. Die Mutter der behinderten Tochter hatte nach dem Vorversterben des Ehemannes der Tochter bereits dieses Wohnrecht eingeräumt. Nach dem Tod des Vaters, dem vorverstorbenen Erblassers, wollte die Mutter, die als Betreuerin für die Tochter eingesetzt war, das Wohnrecht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufheben.

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass es eines Ergänzungsbetreuers in einem solchen Fall bedarf, wenn nach § 1899 Abs. 4 BGB konkret zu erwarten ist, dass der bisherige Betreuer nicht die Betreuung in dem Sinne ausüben kann, dass dies dem Sinn und Zweck der Betreuung entspricht. Im vorliegenden Fall beschloss der Bundesgerichtshof auch, dass die Auflösung des bestehenden Wohnrechts durch eine Verzichtserklärung des Betreuers und damit der Mutter des behinderten Kindes nicht sittenwidrig sei, wenn der Betreute und damit die behinderte Tochter dauerhaft nicht in der Lage gewesen ist, das Wohnrecht auszuüben.
BGH, Az. XII ZB 251/19, Beschluss vom 25.09.2019, eingestellt am 01.12.2019