Ein versöhnlicher Umgang steht einer Scheidung nicht entgegen
Das Oberlandesgerichts Köln hatte sich mit den Bedingungen zu befassen, unter denen eine Ehe als gescheitert angesehen werden kann. Wesentlich ist, dass eine Ehe auch dann als gescheitert betrachtet werden kann, wenn die Ehegatten einen versöhnlichen Umgang miteinander pflegen. Es ist dabei nicht zwingend erforderlich, dass beide Ehepartner Versöhnungsbereitschaft zeigen. Das Fehlen der Versöhnungsbereitschaft auf Seiten eines Ehepartners kann ausreichend sein, um das Scheitern der Ehe festzustellen.
Ein herablassendes, negatives oder gar degradierendes Verhalten eines Ehepartners gegenüber dem anderen Ehepartner ist nicht erforderlich, um die Zerrüttung der Ehe anzunehmen. Die Ehe kann auch ohne solche Verhaltensweisen als zerrüttet gelten, wenn andere Anzeichen für das Scheitern der ehelichen Gemeinschaft vorliegen, wie beispielsweise das Fehlen einer Versöhnungsbereitschaft zur Fortsetzung der Ehe durch einen Ehepartner.
Praxishinweis:
Streitige Scheidungen nach § 1565 Abs. 1 BGB sind in der Praxis eher selten. Für den Scheidungsantrag außerhalb der Vermutungen des § 1566 BGB müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Die Lebensgemeinschaft besteht nicht mehr, und es ist nicht zu erwarten, dass sie wiederhergestellt wird. Das Gericht berücksichtigt dabei nicht nur die Anhörung des Antragstellers, sondern auch äußere Umstände wie Trennungsdauer, fehlende Versöhnungsversuche und mangelnde Kommunikation. Ein gesitteter Umgang der Ehegatten widerspricht der Annahme der Zerrüttung nicht. Das OLG Köln folgt dem Maßstab des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1978, BGH NJW 1978, 1810, wonach eine sorgfältige Prognose unter Berücksichtigung aller Umstände notwendig ist. Ein Antragsgegner kann eine Scheidung nur verhindern, wenn er glaubhaft macht, dass die Ehe trotz Ablehnung des anderen Partners wiederhergestellt werden kann.
OLG Köln, Beschluss vom 16.11.2022, Az.: 10 UF 58/22, eingestellt am 01.08.2024