Die Abzugsfähigkeit von Verbindlichkeiten bei der Einkommensermittlung beim Kindesunterhalt
Bei der Ermittlung der Höhe des Einkommens ist für die Berechnung von Kindesunterhalt fraglich, inwiefern Verbindlichkeiten abzugsfähig vom Einkommen sind. Der Unterhaltspflichtige muss einen substantiierten Vortrag dazu liefern, warum die Verbindlichkeiten abzugsfähig sein sollen. Der BGH vertritt die Ansicht, dass im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem Ermessen zu entscheiden sei, ob Verbindlichkeiten die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen schmälern. Dabei sollen insbesondere der Zweck der Verbindlichkeit und der Zeitpunkt und die Art der Entstehung der Verbindlichkeit berücksichtigt werden. Zudem gelten als weitere Kriterien für die Abzugsfähigkeit von Verbindlichkeiten die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von dem Grund und der Höhe der Unterhaltsschuld. Des Weiteren sei die Möglichkeit von Bedeutung, die Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise wieder herzustellen. Insbesondere Kreditverbindlichkeiten, die in der Zeit des Zusammenlebens der Eltern zum Zweck der gemeinsamen Lebensführung entstanden sind, sind grundsätzlich zu berücksichtigen. Es müssen Verbindlichkeiten für die gemeinsame Lebensführung sein und nicht zur Wahrung persönlicher Bedürfnisse des Unterhaltsschuldners. Im Rahmen der Billigkeitserwägung wird man in der Regel dazu kommen, dass der Mindestunterhalt wenigstens zu zahlen ist, da Kinder bis zum Ende der Schulpflicht keine Möglichkeit haben, ihren Unterhaltsbedarf selbst zu decken. Dabei muss jedoch weiter geprüft werden, ob die Zahlung von Mindestunterhalt zu einer weiter anwachsenden Verschuldung beitragen würde. Bei gesteigerter Unterhaltspflicht besteht eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, das Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten. Damit soll dem Unterhaltsberechtigten ermöglicht werden, für den laufenden Unterhalt auf den Differenzbetrag zwischen den Pfändungsfreigrenzen und dem, dem Schuldner belassenen Unterhalt zurückzugreifen.
BGH, Beschluss vom 22.05.2019; XII ZB 613/16, NJW 2019, 3783 = FamRZ 2019, 1415 = FF 2019, 454, eingestellt am 15.10.2020