Zur Einrichtung des Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils
Vor dem Oberlandesgericht Dresden ging es in einem aktuellen Verfahren um die Fragestellung, ob das Wechselmodell für die Betreuung eines gemeinsamen Kindes auch gegen den entgegenstehenden Willen eines Elternteils angeordnet werden kann.

Das Gericht kommt in dem Verfahren nach Anhörung des Kindes, das zu dem Zeitpunkt etwa 11 Jahre oder 12 Jahre alt war, zu dem Ergebnis, dass die Durchführung des Wechselmodells dem Kindeswohl am besten entspricht. Die Eltern hatten zwar gerichtlich zuvor eine Umgangsvereinbarung abgeschlossen, wonach das Kind zu ca. 5 von 14 Tagen bei dem Kindesvater lebt und den Rest der Zeit bei der Kindesmutter. Sie praktizierten auf Wunsch des Kindes seit einiger Zeit jedoch bereits das Wechselmodell.

Die Elternsituation ist konfliktbehaftet und man erhebt gegeneinander diverse Vorwürfe, das Gericht kommt allerdings zu der Überzeugung, dass das Kindeswohl hier trotz des Elternkonflikts dem Kindeswohl dient, auch aufgrund der Tatsache, dass es feststellen konnte, das der Wille des Kindes nicht manipuliert sei, das paritätische Wechselmodell bereits gelebt werde und Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, wie sie die Kindesmutter vorgetragen hat, bereits vor der Durchführung des Wechselmodells bestanden haben. Das Gericht führt weiter aus, dass in Umgangsverfahren der Umgang einfacher auszuweiten ist, da die Änderungsschwelle hier niedriger anzusetzen sei als bei Sorgerechtsentscheidungen, weshalb bei triftigen Gründen des Kindeswohls Erweiterungsänderungen des Umgangs beschlossen werden können.
Praxishinweis:
Die Entscheidung macht deutlich, dass die teilweise rein schematisch vorgetragenen Elternkonflikte, die ein Wechselmodell unmöglich machen sollen, nicht ausreichend sind, um ein Wechselmodell zu verhindern. Es macht zudem deutlich, dass der Kindeswille auch bei Kindern bereits unter 14 Jahren erheblich sein kann, um ein Wechselmodell durchzusetzen, sofern dieser Wille frei und autonom gebildet wird.
OLG Dresden, Az.: 21 UF 304/21, Beschluss vom 12.04.2022, eingestellt am 14.06.2022