Gerichtliche Inhalts- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen
Das Oberlandesgericht Bremen hat sich in einem Verfahren mit der Wirksamkeitskontrolle eines Ehevertrags, in dem die Ehegatten auf den Zugewinnausgleich verzichtet hatten befasst. Das Gericht bestätigte die Entscheidung des Familiengerichts, den Antrag der Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich zurückzuweisen, da der notarielle Vertrag als wirksam erachtet wurde.

Bei der Inhaltskontrolle prüfte das Gericht, ob die Vereinbarung bereits zum Zeitpunkt ihres Abschlusses zu einer offenkundig einseitigen und sittenwidrigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führte. Das OLG Bremen betonte, dass der Zugewinnausgleich im System der Scheidungsfolgen eine nachrangige Bedeutung hat und daher einer ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich ist. Eine verstärkte Inhaltskontrolle sei nur in Ausnahmefällen erforderlich, etwa wenn ein haushaltsführender Ehegatte nach langjähriger Ehe auch für die Vergangenheit auf den Zugewinn verzichtet.

Das Gericht stellte fest, dass Eheleute, die unter dem Eindruck einer Ehekrise umfassende Regelungen über ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse treffen und wechselseitige güterrechtliche Ansprüche ausschließen, in der Regel den legitimen Zweck verfolgen, ihre Vermögensauseinandersetzung zu beschleunigen und zu vereinfachen. Eine Sittenwidrigkeit sei in der Regel nicht gegeben, wenn außerhalb der Vertragsurkunde keine Hinweise auf eine subjektive Imparität, wie die Ausnutzung einer Zwangslage oder intellektuelle Unterlegenheit, erkennbar sind.

Bezüglich der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB betonte das OLG Bremen, dass sich eine Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung oder sonstige Modifikationen des gesetzlichen Güterstands nur unter engsten Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich erweisen kann. Diese Voraussetzungen lagen im vorliegenden Fall nicht vor.

Das Gericht prüfte auch, ob eine Korrektur der ehevertraglichen Vereinbarungen im Rahmen der Ausübungskontrolle aufgrund einer sogenannten Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich erforderlich sei. Dies kommt in Betracht, wenn ein haushaltsführender Ehegatte zugunsten der Familienarbeit auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit verzichtet hat und im Scheidungsfall keine Kompensation für Nachteile beim Aufbau von Versorgungsvermögen erhält. In solchen Fällen kann ein modifizierter Zugewinnausgleich gewährt werden.

Im vorliegenden Fall lag jedoch keine solche Konstellation vor, da die Antragsgegnerin während der Ehezeit berufstätig war, eigene Versorgungsanrechte erworben hatte und zudem an den nennenswerten Versorgungsanrechten des Antragstellers partizipierte. Somit sah das OLG Bremen keinen Grund für eine Korrektur der ehevertraglichen Vereinbarungen im Wege der Ausübungskontrolle.
OLG Bremen, Az.: 5 UF 7/24 vom 14.03.2024, eingestellt am 15.03.2025