Keine Eheschließung per Videokonferenz bei Inlandsbezug
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 29. August 2024 entschieden, dass eine Eheschließung per Videokonferenz, bei der ein Partner seine Erklärung aus Deutschland abgibt, nach deutschem Recht unwirksam ist und keinen Anspruch auf Ehegattennachzug begründet. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine afghanische Staatsangehörige ein Visum zum Ehegattennachzug beantragt und als Nachweis eine afghanische Heiratsbescheinigung vorgelegt. Die Eheschließung erfolgte 2019 per Videokonferenz: Die Frau befand sich mit Zeugen im Iran, während ihr deutscher Ehemann aus Deutschland zugeschaltet war. Die deutsche Botschaft lehnte den Antrag ab, da die Ehe aus ihrer Sicht nicht wirksam geschlossen worden sei.
Das OVG stellte klar, dass der Ort der Eheschließung zumindest auch im Inland liegt, wenn ein Verlobter seine Willenserklärung von Deutschland aus abgibt. In solchen Fällen sind die deutschen Formvorschriften für Eheschließungen maßgeblich. Nach § 1311 Satz 1 BGB ist für eine wirksame Eheschließung die gleichzeitige physische Anwesenheit beider Partner vor einem Standesbeamten erforderlich. Eine Online-Trauung, bei der das Jawort per Videoanruf oder Videokonferenz abgegeben wird, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Das Gericht betonte, dass das Erfordernis der persönlichen Anwesenheit dazu dient, die freie und ernstliche Willensbildung der Eheschließenden sicherzustellen und Manipulationen oder Betrug zu verhindern.
Das OVG widersprach ausdrücklich der Annahme des Verwaltungsgerichts, es handele sich um eine sogenannte Handschuhehe, bei der ein Stellvertreter für einen abwesenden Partner das Jawort abgibt. Im Fall der Online-Trauung werde die Erklärung nicht durch einen Stellvertreter, sondern persönlich im Inland abgegeben, sodass die deutschen Formvorschriften gelten. Auch die Wirksamkeit der Ehe nach ausländischem Recht oder die Vorlage entsprechender Urkunden ändere daran nichts, wenn die formalen Anforderungen des deutschen Rechts nicht erfüllt sind. Zudem wies das Gericht auf zahlreiche Widersprüche und Unstimmigkeiten in den vorgelegten Unterlagen hin, die Zweifel an der tatsächlichen Durchführung der Eheschließung begründeten.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil verdeutlicht, dass Eheschließungen mit Inlandsbezug zwingend die deutsche Form wahren müssen und eine Online-Trauung aus dem Ausland heraus keine rechtliche Anerkennung in Deutschland findet.
OVG Berlin-Brandenburg, Az.: 6 B 1/24, Urteil vom 29.08.2024, eingestellt am 01.05.2025