Zur Meinungsverschiedenheit von Eltern bezüglich der Corona-Impfung ihres Kindes
Nachdem die Coronaschutzimpfung durch die ständige Impfkommission (STIKO) nun auch für Kinder und Jugendliche empfohlen wird, stellt sich die Frage, wie rechtlich mit der Situation umzugehen ist, dass sich die Eltern gegebenenfalls nicht auf eine Impfung verständigen können und welchem Elternteil dann die Entscheidung obliegt.

Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main wurde aktuell ein Verfahren durchgeführt, in dem ein fast sechszehnjähriges Kind die eigene Impfung mit einem mRNA-Impfstoff für sich selbst befürwortete, die Eltern sich in der Frage der Impfung jedoch nicht einigen konnten. Während ein Elternteil die Impfung befürwortete, lehnte der andere Elternteil die Impfung ab. Beide Eltern waren sorgeberechtigt, sodass die medizinische Sorge als Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern oblag.

Bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern im Rahmen der ihnen obliegenden Sorge können die Eltern bei einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind im Rahmen der elterlichen Sorge keine Einigkeit erzielen, so kann bei einer solchen Meinungsverschiedenheit jeder Elternteil einen Antrag beim Gericht stellen, dass das Gericht nach § 1628 BGB einem Elternteil die Entscheidung überträgt. Der knapp sechszehnjährige Sohn war mit der Impfung einverstanden, es gab aus Sicht der Hausärztin eine medizinische Indikation aufgrund einer Adipositas mit depressiven Episoden. Die Kindesmutter lehnte die Impfung jedoch ab. Mit Blick auf das Alter des Kindes und unter Heranziehung von § 639 d BGB, der die Einwilligung des Patienten in die Behandlungsmaßnahmen im Rahmen eines Behandlungsvertrages vorsieht, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass es sich bei einer Impfung um einen Eingriff von erheblicher Bedeutung handelt, sodass hier der Konsens der Eltern erforderlich ist. Da dieser nicht gegeben war, war die Entscheidungsbefugnis einem Elternteil nach § 1628 BGB zu übertragen. Da die Empfehlungen der STIKO auch durch den Bundesgerichtshof als Standard anerkannt sind und bei dem Kind keine besonderen Risiken einer Impfung vorliegen, kann der STIKO-Empfehlung gefolgt werden. Aus diesem Grund übertrug das Oberlandesgericht Frankfurt am Main dem Vater für die Schutzimpfung mit einem mRNA-Impfstoff die Impfentscheidung. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass das Kind selbst die Impfung befürwortete und dieser Kindeswille bei einem fast sechszehnjährigen Kind erheblich ist und auch zu beachten und zu berücksichtigen ist.
Ausdrücklich offen geblieben ist die Frage, ob vorher ein negativer Antikörpertest vorzulegen ist, bevor eine Impfentscheidung übertragen wird.
OLG Frankfurt am Main, Az.: 6 UF 120/21, Beschluss vom 17.08.2021, eingestellt am 30.09.2021