Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und elterliche Sorge
Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ging es in einer aktuellen Entscheidung im Eilverfahren darum, ob die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, hier islamischer Staat, bei der Rückkehr nach Deutschland mit anschließender Inhaftierung der Mutter einen Entzug der elterlichen Sorge für die vier Kinder der Mutter rechtfertigt. Die Kindesmutter lebte längere Zeit in Syrien, hatte sich dort dem islamischen Staat angeschlossen und von zwei verschiedenen Männern insgesamt vier Kinder bekommen, der erste Ehemann soll verstorben sein, der zweite Ehemann ist nicht auffindbar. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wurde die mit Haftbefehl gesuchte Mutter festgenommen. Die Kinder wurden in die Obhut des Jugendamtes der Stadt Frankfurt gegeben. Im Eilverfahren wurde der Mutter die elterliche Sorge entzogen und auf das Jugendamt übertragen. Gegen den Entzug der elterlichen Sorge wandte sich die Mutter und führte aus, dass die Kinder statt beim Jugendamt Frankfurt bei der Großmutter untergebracht werden sollten.

In seinem Beschluss führt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main aus, dass allein die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nicht ausreicht, um die elterliche Sorge zu entziehen, dies insbesondere im Einzelfall damit begründet, dass die Mutter sich in Haft befindet und so das Gedankengut nicht an die Kinder übertragen kann. Bei der Großmutter konnte eine solche Gesinnung nicht festgestellt werden. Die Großmutter befindet sich aber aufgrund einer psychischen Erkrankung in gesetzlicher Betreuung und hatte bisher selbst keinen direkten Kontakt zu den Kindern.

Bei der Interessenablegung, ob die elterliche Sorge aufgrund der Kindeswohlgefährdung zu entziehen sei, ist immer darauf zu achten, ob es mildere Mittel gibt. In der jetzigen Verfahrenssituation sah das Oberlandesgericht Frankfurt keine milderen Mittel an, als der Mutter die elterliche Sorge zu entziehen und diese auf die Stadt Frankfurt zu übertragen, führt allerdings aus, dass im Hauptsacheverfahren Voraussetzungen geschaffen werden können, die die Übertragung der Sorge auf die Großmutter zulassen, wenn in der Zwischenzeit ein Konzept erstellt wird, was die Kindeswohlinteressen der Kinder berücksichtigt, die aufgrund der Erfahrung traumatisiert sind und eine Heranführung an die Großmutter zulassen könnten. Im familiären Umkreis der Großmutter leben deren weitere Kinder, sie selbst hat vier Kinder großgezogen und wäre erziehungsgeeignet.
OLG Frankfurt, Az.: 4 UF 82/20 und 4 UF 85/20, Beschluss vom 19.05.2020, eingestellt am 01.09.2020