Rechtsprechung des Kindesunterhalts mit Mehr- und Sonderbedarf bei mietfreiem Wohnen
Bei dem gerichtlichen Verfahren zum Kindesunterhalt ging es unter anderem um die Frage, ob das zur Verfügungstellen von Wohnraum sich auf den Kindesunterhalt auswirkt.

Im vorliegenden Fall waren die Kinder wohnhaft bei der Kindesmutter, die im ehelichen Haus nach der Trennung wohnen geblieben ist. Die Eigentumsverhältnisse gestalteten sich so, dass die Immobilie zu 60 % im Miteigentum des Vaters stand und zu 40 % im Miteigentum der Mutter. Es wurde insbesondere der Frage nachgegangen, ob das zur Verfügungstellen von Wohnraum sich so auf den Kindesunterhalt auswirkt, dass der Kindesvater als Unterhaltspflichtiger einen geringeren Tabellenunterhalt vom Kindesunterhalt zahlen muss.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Ehefrau keinen Trennungsunterhalt beantragt und der Ehemann hatte keine Nutzungsentschädigung beantragt und aufgrund des hohen Wohnvorteils der Ehefrau gab es kaum Einkommensunterschiede in der Höhe. Umstritten ist bei dieser Fragestellung, ob die Kinder Naturalleistungen in Form von freier Überlassung der Ehewohnung erhalten, die zu 60 % im Miteigentum des Vaters steht und ob sich dies auf den Barunterhalt auswirke. Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle angebracht wäre. Es wurde argumentiert, dass bei Wohngewährung durch den Barunterhaltspflichtigen Erfüllung nach § 362 BGB in Höhe der angemessenen Wohnkosten entstehe. Wenn die Praxis in diesen Fällen eine Kürzung des Tabellenunterhalts von 20 % durchführe, handele es sich um eine vereinfachte Form der Anrechnung als Erfüllung.

Der Senat hat anerkannt, dass der Unterhaltspflichtige teilweise vom Unterhalt befreit wird durch die Gewährung des mietfreien Wohnens. Es gibt jedoch auch andere Auffassungen, die beinhalten, dass eine bedarfsdeckende Wirkung des Barunterhaltspflichtigen abzulehnen sei; denn das kostenfreie zur Verfügungstellen von Wohnraum sei vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Kindeseltern auszugleichen. Der unterhaltsrechtliche Ausgleich könne auch darin bestehen, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch bezüglich Trennungsunterhalt erhebt, weil keine Differenz zwischen den Einkünften nach Zurechnung des Wohnvorteils mehr besteht.

Die Meinungen bezüglich dieser Ansichten sind konträr. Die Nutzung des alleinigen oder gemeinsamen Hauses gehört zu den drängendsten Fragen, die sich häufig nach einer Trennung ergeben. Nachvollziehbar ist die Auffassung, dass ein Teil der Bedürftigkeit des Kindes entfällt, wenn Wohnraum kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Denn im Tabellenunterhalt des Kindesunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle ist immer auch der Wohnbedarf des Kindes mit umfasst.

In der Praxis stellt sich die Frage der Regelung zu den unterschiedlichen Ansprüchen von Nutzungsentschädigung, Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt sehr häufig, denn den Kindeseltern geht es häufig darum, den Kindern nach der Trennung das gewohnte Umfeld und die gewohnten Strukturen zu erhalten.
BGH, Az. XII ZB 474/20, Beschluss vom 29.9.2021 mit Anmerkung von Heinrich Schürmann. In: Berechnung des Kindesunterhalts mit Mehr- und Sonderbedarf bei mietfreiem Wohnen, Forum Familienrecht 9/22, S. 356 ff. Eingestellt am 15.09.2022