Rückforderungsanspruch für Schwiegerelternzuwendungen
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat sich in einem Verfahren mit der Rückforderung einer Zuwendung von Schwiegereltern befasst, die im Ergebnis im Gegensatz zu einem früheren Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2019 zum Aktenzeichen X ZR 107/16 steht.

In dem zugrundeliegenden Fall hatten die Schwiegereltern während der Ehe ihres Kindes und dessen Ehepartner eine finanzielle Zuwendung gemacht. Nach der Scheidung des Paares forderten die Schwiegereltern diese Zuwendung zurück. Der BGH hatte in seinem Urteil aus 2019 entschieden, dass Schwiegereltern solche Zuwendungen im Fall einer Scheidung grundsätzlich nicht zurückfordern können, weil diese als unentgeltliche Zuwendungen anzusehen sind, die keine Rückforderungsklausel enthalten.

Das OLG Karlsruhe hat in seiner aktuellen Entscheidung jedoch eine abweichende Ansicht vertreten. Es argumentierte, dass in bestimmten Fällen eine Rückforderung gerechtfertigt sein kann, insbesondere wenn die Zuwendung unter der stillschweigenden Annahme erfolgt sei, dass die Ehe dauerhaft Bestand haben würde. Die Richter stellten fest, dass Schwiegereltern häufig mit dem Ziel einer langfristigen Unterstützung und Stabilisierung der Ehe eine Zuwendung machen. Wenn diese Grundlage jedoch wegfällt – etwa durch eine Scheidung –, könne dies einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen, der eine Rückforderung rechtfertige.

Das OLG Karlsruhe betonte, dass jeder Fall individuell betrachtet werden müsse. In dem vorliegenden Fall wurden mehrere Aspekte berücksichtigt: Die Höhe der Zuwendung, die finanziellen Verhältnisse der Beteiligten und die Umstände der Scheidung. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Rückforderung hier angemessen sei, da die Zuwendung maßgeblich zur Unterstützung der Ehe und des gemeinsamen Haushalts gedacht war und diese Grundlage durch die Scheidung entfallen sei.

Praxishinweis:
Dieser Beschluss könnte weitreichende Auswirkungen haben, da er eine neue Perspektive in die Rechtsprechung zu Zuwendungen von Schwiegereltern einbringt. Er signalisiert, dass Gerichte zukünftig genauer prüfen könnten, unter welchen Bedingungen solche Zuwendungen gemacht wurden und ob eine Rückforderung im Einzelfall gerechtfertigt sein könnte. Dies könnte dazu führen, dass Schwiegereltern bei zukünftigen Zuwendungen verstärkt rechtliche Vorkehrungen treffen, etwa durch schriftliche Vereinbarungen, um ihre Ansprüche im Falle einer Scheidung abzusichern. Schwiegereltern und betroffene Ehepartner sollten sich daher stets gut beraten lassen, wenn es um finanzielle Zuwendungen geht, um ihre Rechte und Pflichten klar zu regeln und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
OLG Karlsruhe, Aktenzeichen 5 UF 48/23, Beschluss vom 4.12.2023, eingestellt am 15.06.2024