Schenkungswiderruf wegen groben Undanks
Im zugrundeliegenden Fall hatte der Beklagte der Klägerin ein unentgeltliches, unbefristetes Wohnrecht an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück eingeräumt. Die Parteien lebten zunächst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, heirateten später und wurden wieder geschieden. Die Klägerin war bei Kennenlernen als Prostituierte tätig und hatte dem Beklagten vor der Schenkung versprochen, diese Tätigkeit aufzugeben. Nach der Trennung widerrief der Beklagte die Schenkung mit der Begründung, die Klägerin habe das Versprechen gebrochen, sei wieder als Prostituierte tätig gewesen und habe ein ehewidriges Verhältnis unterhalten. Die Klägerin verlangte die Räumung und Herausgabe des Grundstücks.

Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass das Widerrufsrecht wegen groben Undanks (§ 530 BGB) an die Verletzung der Verpflichtung zu einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers anknüpft. Entscheidend ist, ob der Beschenkte diesen Erwartungen in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise nicht genügt hat. Dies erfordert eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls.

Der BGH betont, dass für die Beurteilung des groben Undanks nicht nur das Verhalten des Beschenkten nach der Schenkung, sondern auch die Umstände, die zu der Schenkung geführt haben, maßgeblich sind. Insbesondere sind der Gegenstand und die Bedeutung der Schenkung sowie die Vorstellungen und Absprachen der Parteien zu berücksichtigen

Im konkreten Fall war die Schenkung, das Wohnrecht, darauf ausgerichtet, der Klägerin eine neue Lebensgrundlage zu verschaffen, verbunden mit dem beiderseitigen Verständnis, dass sie die Prostitution aufgeben würde. Die Wiederaufnahme der Prostitution stellte daher eine schwerwiegende Verletzung der vom Beklagten erwarteten Rücksichtnahme dar und ließ erhebliche Dankbarkeit vermissen.

Das Berufungsgericht hatte die Voraussetzungen für groben Undank nicht ausreichend geprüft, insbesondere die subjektive Komponente – ob das Verhalten der Klägerin Ausdruck einer undankbaren Gesinnung war. Der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Gesamtwürdigung zurück. Dabei ist auch zu prüfen, ob der Widerruf nach § 532 BGB ausgeschlossen ist oder ob eine sogenannte Zweckschenkung vorlag, die ggf. einen Rückforderungsanspruch nach § 812 BGB begründen könnte.

Praxishinweis:
Das Widerrufsrecht wegen groben Undanks setzt eine von Dankbarkeit geprägte Rücksichtnahme voraus, deren Verletzung durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände festgestellt werden muss. Die näheren Umstände der Schenkung, insbesondere gemeinsame Vorstellungen und Absprachen, sind für die Beurteilung des Widerrufsrechts von zentraler Bedeutung.
BGH, Az.: X ZR 80/11, Urteil vom 13.11.2012, eingestellt am 01.06.2025