Zur Übertragung der Alleinsorge getrenntlebender Eltern
Nach § 1671, Abs. 1, Satz 2 BGB kann die elterliche Sorge bei getrenntlebenden Elternteilen einem Elternteil allein übertragen werden, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Hierbei ist eine doppelte Kindeswohlprüfung durchzuführen. Auf der ersten Stufe ist festzustellen, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht und auf der zweiten Stufe ist festzustellen, dass dies der beantragende Elternteil ist.

In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen aus dem Jahr 2022 führt das Oberlandesgericht Bremen dezidiert auf, was die Grundlage im Rahmen eines Kommunikationskonflikts zwischen den Eltern ist und welche Voraussetzungen gegeben sind, damit dann eine Übertragung auf einen Elternteil stattfinden könnte. Das Oberlandesgericht Bremen führt aus, dass die gesetzliche Annahme darin besteht, dass die gemeinsame elterliche Sorge den Bedürfnissen eines Kindes grundsätzlich am besten entspricht. Auch dass Eltern hinsichtlich von Einzelfragen in der Erziehung des Kindes nicht einer Meinung sind, ist etwas Normales und auch, dass Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall auch streitig ausgetragen werden. Dies allein genügt nicht, um eine elterliche Sorge einem Elternteil zu entziehen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Bremen gehört es zur Normalität in einem Eltern-Kind-Verhältnis, dass Argumente im Rahmen von Einzelfragen ausgetauscht werden, auch kontrovers, um hier das beste Ergebnis für das Kind zu erzielen. Dies kann auch zu besseren Ergebnissen führen, als es die Alleinsorge eines Elternteils begründen könnte.

Dennoch ist die elterliche Sorge aufzulösen, wenn die Kommunikationsebene der Eltern schwerwiegend und nachhaltig gestört ist. Eine solche Situation sieht das Oberlandesgericht Bremen dann an, wenn die Eltern zwar miteinander in Kontakt treten, aber häufig nicht in der Lage sind, in einer sachlichen Art und Weise über die Belange des Kindes auszutauschen und dann eine gemeinsame Entscheidung fällen zu können. Die Belastung des Kindes muss dabei nicht tatsächlich eintreten, es genügt, dass die Befürchtung besteht, dass das Kind durch diesen Konflikt belastet wird. In einem solchen Fall kann dann für Einzelfragen die gemeinsame elterliche Sorge einem Elternteil übertragen werden.
Oberlandesgericht Bremen, Az.: 4 UF 14/22, Beschluss vom 13.10.2022, eingestellt am 15.10.2023