Die Vaterschaftsanfechtung durch die Kindesmutter ist nicht davon abhängig, dass die Anfechtung dem Kindeswohl dient
In einer aktuellen Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob einer Mutter das Recht auf Anfechtung der Vaterschaft zu untersagen ist, da die Kindeswohldienlichkeit der Anfechtung entgegenstehen könnte.

In dem vorliegenden Fall war die Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Eheschließung von einem anderen Mann schwanger. Das Kind wurde in die Ehe hineingeboren, sodass es als eheliches Kind der Eltern gilt und der Ehemann nach dem Gesetz Vater des Kindes ist. Nach der Geburt des Kindes beantragte die Mutter im Rahmen der zweijährigen Anfechtungsfrist nach § 1600 d BGB die Anfechtung der Vaterschaft. Die Anfechtungsfrist beginnt mit der Geburt des Kindes.

Zum Zeitpunkt der Anfechtungserklärung lebten die Eheleute bereits getrennt voneinander. Gegen die Anfechtung wandte sich der Ehemann und führte aus, dass die Anfechtung nicht dem Kindeswohl dienen würde und zudem gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verstoßen würde.

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass das Anfechtungsrecht der Mutter nicht von einer Kindeswohldienlichkeitsprüfung abhängig ist. Nach dem Gesetzeswortlaut hat die Mutter ein eigenständiges Recht, die Vaterschaft anzufechten, ohne dass dies von weiteren Voraussetzungen abhängig ist. Bedenken nach § 242 BGB, Treu und Glauben, bestehen ebenso nicht. Die Umstände des Falles legen nicht nahe, dass die Anfechtungserklärung durch die Mutter rechtsmissbräuchlich gewesen ist. Die Anfechtungsfrist stellt auch eine Überlegungsfrist dar, in der die Mutter sich überlegen kann, ob sie die Anfechtung erklären möchte. Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, die Anfechtung zu erklären, obwohl die Mutter wusste, dass das Kind von einem anderen Mann stammt und in diesem Wissen die Ehe eingegangen ist, um das Kind als ehelich auszuweisen.
BGH, Az XII ZB 321/19, Beschluss vom 18.03.2020, eingestellt am 01.06.2020