Zur Verwendung heimlicher Videoaufnahmen im Sorgerechtsverfahren
Vor dem Oberlandesgericht München ging es in einem Verfahren darum, ob die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater geboten ist, wenn festgestellt wird, dass Kindesmisshandlungen durch die Kindesmutter erfolgen. Der Kindesvater hatte heimlich eine Videokamera in der ohne Wissen der Kindesmutter in der gemeinsamen Wohnung installiert und Videoaufnahmen von der Kindesmutter aufgenommen, die deren Misshandlungen der Kinder bezeugten. Das Oberlandesgericht München stellte in dem Verfahren fest, dass die heimlichen aufgenommenen Videoaufnahmen, die die wiederholten Kindesmisshandlungen durch die mitsorgeberechtigte Mutter zeigten, im Einzelfall auch ohne die Zustimmung der Kindesmutter verwertet werden können. Dies ist anhand einer Interessenabwägung zwischen Persönlichkeitsrecht der Mutter und dem Schutzinteresse der Kinder festzustellen. Damit weicht das Gericht von dem Prinzip ab, dass solch heimlich aufgenommenen Aufnahmen grundsätzlich nicht als Beweis dienen. Voraussetzung hierfür ist, dass unter den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls eine Abwägung der widerstreitenden Interessen hinsichtlich der Nichtveröffentlichung der Videos der Mutter und dem Schutz der Kinder, die hier die Verwertung geboten erscheinen lassen, vorzunehmen ist. Das Gericht kam zu dem Entschluss, dass das Kindeswohlinteresse an der Verwertung der heimlich aufgenommen Videoaufnahmen überwiegt, weshalb diese als Beweismittel zugelassen wurden. Es weist aber auch darauf hin, dass heimliche Aufzeichnungen eine strafbare Handlung darstellen. Zudem stellt sich die Frage der Erziehungsgeeignetheit des Vaters, wenn er über einen längeren Zeitraum die Misshandlungen zulässt, ohne selbst einzuschreiten.

In dem Verfahren führte das Oberlandesgericht München zudem aus, dass die Corona-Pandemie selbst keinen Anlass bietet, auf eine Anhörung des Kindes in einer Kindschaftssache zu verzichten, wenn die Größe des Sitzungsraumes, indem die Anhörung des Kindes erfolgt, das Infektionsrisiko auf ein Minimum reduzieren kann.
OLG München, Az.: 26 UF 82/21, Beschluss vom 31.03.2021, eingestellt am 31.12.2021