Zur Erwerbsobliegenheit nach Ablauf des Trennungsjahres auch bei langer Ehedauer
In einem Trennungsunterhaltsverfahren, das vor dem Oberlandesgericht Bremen durchgeführt wurde, stritten die Beteiligten darüber, ob der Antragstellerin zu ihren Einkünften noch ein fiktives Einkommen aus einer ihr zuzurechnenden Nebentätigkeit in die Unterhaltsberechnung miteinzustellen wäre.

Im Rahmen des Unterhalts kommt es auf die Einkünfte der Beteiligten an, um Trennungsunterhaltsansprüche berechnen zu können. Während der Zeit des Trennungsjahres ist keiner der Beteiligten verpflichtet, weitere Erwerbsobliegenheiten wahrzunehmen, als die, die während der Ehe bestanden. Mit Ablauf des Trennungsjahres ist aber nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, BGH FamRZ 2008, S. 963 ff., für den jeweils Unterhaltsfordernden ein fiktives Einkommen anzusetzen, wenn er seiner Erwerbsobliegenheit nicht oder nicht vollständig nachkommt und keine Gründe entgegenstehen, weshalb eine erhöhte Erwerbsobliegenheit bei ihm oder ihr nicht in Betracht kommt.

Im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin zwar aufgrund einer langen Ehedauer während der Ehe im Rahmen der Kindeserziehung ihre eigene Erwerbstätigkeit zurückgestellt, die Kinder waren aber bei der Fragestellung des Kindesunterhalts bereits aufgrund ihres Alters nicht mehr betreuungsbedürftig durch die Kindesmutter. Aus diesem Grund sah das Oberlandesgericht Bremen keine vorgetragenen Gründe, die einer Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin entgegenstehen würden, weshalb der Antragstellerin ein fiktives Erwerbseinkommen zugerechnet wurde.

Der Unterhaltsanspruch hat sich dadurch verringert.
OLG Bremen, Az.: 4 UF 64/21, eingestellt am 01.12.2022